Praxistest fotooptische Holzvermessung: Wie schlagen sich verschiedene Apps im Revieralltag?

November 22, 2024

Praxistest fotooptische Holzvermessung: Wie schlagen sich verschiedene Apps im Revieralltag?

Von Joey Lee Taylor, Bastian Ruffer, Christoph Deselaers

Die moderne Forstwirtschaft steht vor der Herausforderung, in Zeiten wachsender Holzerntemengen und steigender Effizienzanforderungen präzise und gleichzeitig zeitsparende Verfahren zur Holzaufnahme einzusetzen. Herkömmliche Verfahren, wie die manuelle Vermessung von Querschnitten, erfordern nicht nur spezielle Kenntnisse, sondern sind auch zeitaufwändig und methodisch fehleranfällig. Mit der fortschreitenden Digitalisierung stehen jedoch neue Lösungen zur Verfügung, die diesen Prozess vereinfachen und automatisieren. Eine davon ist die fotooptische Holzvermessung, bei der Algorithmen Bilder verwenden, um das Volumen, die Anzahl der Stämme und den Durchmesser zu bestimmen. Diese Technologie nutzt in der Regel herkömmliche Smartphone-Kameras oder spezielle Sensoren wie LiDAR, um die Stirnflächen von Poltern zu analysieren. Sie bietet gegenüber manuellen Verfahren erhebliche Vorteile in Bezug auf Aufwand und Genauigkeit - vorausgesetzt, die Aufnahmesituation und die Polter sind optimal vorbereitet.

Im Rahmen eines Praxistests wurden im August 2024 die vier führenden Anwendungen zur fotooptischen Holzvermessung miteinander verglichen. Der Fokus lag dabei auf der Benutzerfreundlichkeit, der Handhabung und dem Funktionsumfang der Apps. Ziel war es, herauszufinden, wie diese Tools den Arbeitsalltag in der Forst- und Holzwirtschaft erleichtern und ob sie das Potenzial haben, traditionelle Messmethoden zu ersetzen oder zumindest zu ergänzen.

Das wohl bekannteste Produkt, Fovea (treeva/FMM), hat sich über die Jahre in vielen Forstbetrieben etabliert. Timbeter hat sich vor allem in Südamerika und Osteuropa bewährt. Ein weiterer deutscher Anbieter ist Forstify, ursprünglich eine Online-Holzhandelsplattform, die nun verstärkt auf Holzvermessung setzt. Neu in der Runde ist LogSystems/Dalgas mit LogStackLidar, das den LiDAR-Sensor der Apple Pro-Modelle nutzt und bereits mit seinem mobilen, eichfähigen Holzvermessungstool LogStackPro auf sich aufmerksam gemacht hat.

Die Auswahl der Anwendungen erfolgte nach Bekanntheit, Technologie und Gerätekompatibilität. Im Test wurden knapp 330 Festmeter Fichte vermessen, verteilt auf die drei Sortimente Langholzabschnitte (LAS), Paletten (PAL) und Industrieholz (IS). Zusätzlich wurde ein Kleinpolter mit weniger als 10 FM vermessen. Als Referenz dienten die traditionelle Handvermessung und die Werksvermessung. Als Aufnahmegerät diente ein iPad Pro M2 mit integriertem LiDAR-Sensor. Der ausführende Revierleiter hat sich im Vorfeld mit der Anwendung vertraut gemacht bzw. eine Einweisung erhalten. Die Ergebnisse und Beobachtungen wurden für die Auswertung sorgfältig protokolliert.

Der Schwerpunkt des Tests lag auf der Handhabung und dem Benutzererlebnis der Anwendungen: Wie intuitiv ist die Bedienung? Welche Funktionen erleichtern die Arbeit? Wie übersichtlich ist die Navigation innerhalb der App? Zusätzlich wurde die Zeit vom Öffnen der App bis zum Speichern des Messergebnisses gemessen und Faktoren wie Nachbearbeitung, Datenexport, Funktionen der zugehörigen Webportale sowie Kostenstrukturen analysiert. Die ermittelten Volumina wurden anschließend mit dem manuellen Aufmaß und beim LAS mit dem Werksaufmaß verglichen.

Für die  Vermessung wurde nur die Poltervorderseite erfasst. Um optimale Ergebnisse zu erzielen, sind bestimmte Anforderungen an die Polter zu stellen. Die Polter sollten durch Unterlagen erhöht werden, um Grasbewuchs zu vermeiden, der die Vermessung und die Stückzahlbestimmung erschweren kann. Außerdem werden dadurch die Stirnflächen vor Verschmutzung geschützt. Verschmutzte oder verdeckte Stirnflächen werden von den Anwendungen teilweise schlecht erkannt und müssen ggf. manuell ergänzt werden. Es ist hilfreich, wenn der Holzrücker die Stückzahl notiert, damit diese bei der Aufnahme berücksichtigt werden kann.

Sauber gerückt, bietet dieser Polter eine perfekte Ausgangsituation für genaue Messungen.

Die Qualität der Messung hängt stark vom Anwender ab. Neben einer sauberen Polterung gibt es weitere Faktoren, die die Messung verbessern: Referenzmaße wie die Polterbreite (Fovea) sollten möglichst genau aufgenommen werden, denn: Ein straff gespanntes Maßband liefert ein genaueres Ergebnis als ein durchhängendes. Der Aufnahmewinkel des Gerätes sollte konstant gehalten werden, um eine gleichmäßige Aufnahme ohne Verzerrungen zu gewährleisten. Aufnahmen gegen die Sonne sollten vermieden werden; falls dies unvermeidlich ist, kann die Belichtung der Kamera so eingestellt werden, dass auch hellere Stirnflächen korrekt erfasst werden.

Mit den beiden LAS-Poltern P1 (81 FM) und P2 (125 FM) erreichte Timbeter die höchste Genauigkeit für P1 mit einer Abweichung von drei Festmetern (78 FM). LogStackLidar erreichte beim Polter P2 exakt den gleichen Wert wie die Werksvermessung. Im Vergleich zur manuellen Vermessung lieferten Fovea und Forstify die genauesten Ergebnisse für Industrieholzpolter. Letzteres benötigt keine zusätzliche Referenzmessung. Timbeter zeigte jedoch bei Industrieholz Abweichungen von bis zu 27%. Beim PAL-Sortiment traten solche Abweichungen nicht auf, die Ergebnisse lagen alle im Bereich der Handmessung (± 0,2 - 6,8 FM). Beim Kleinpolter wurden, wie bereits im Versuch in Forst&Praxis 06/2024 festgestellt, teilweise starke Abweichungen von bis zu +25% festgestellt.

Im Durchschnitt aller Holzaufnahmewerkzeuge des LAS wurde eine Zeitersparnis von ca. 60 % gegenüber der manuellen Vermessung erreicht. Ausschlaggebend dafür ist vor allem die Stückzahlerkennung der fotooptischen Verfahren. Während traditionell jeder Stamm einzeln gezählt und markiert werden muss, erledigen die Algorithmen der Apps diese Aufgabe in Sekundenschnelle. (Anm. d. V.: Zum Zeitpunkt des Tests verfügte die öffentliche Version von Forstify nicht über eine Stammzählung, parallel wurde eine neue Testversion mit dieser Funktion eingesetzt). Für Industrieholz wurde eine durchschnittliche Zeitersparnis von 13% erzielt, wobei LogStackLidar bis zu 37% Einsparung ermöglichte (die Spanne reicht von -37% bis +62%, da bei einer Messung Komplikationen auftraten, siehe unten). Bei der Palette betrug die durchschnittliche Einsparung 11 % (-41 % bis +31 %).

Hochgerechnet auf ein jährliches Aufnahmevolumen von 30.000 FM LAS könnte durch den Einsatz von Vermessungsapps eine Zeitersparnis von bis zu 11 Stunden erreicht werden (Berechnung bezieht sich nur auf die Aufnahmezeit ohne Weiterverarbeitung und Bereitstellung im Büro). Diese Zeit kann für waldbauliche Tätigkeiten wie z.B. das Auszeichnen oder Rohholzvermarktung genutzt werden.

Die Zeitersparnis im Sortiment LAS ergibt sich vor allem aus der entfallenden Stückzählung.
Auch das fehlende Abmessen und Markieren von Sektionsbreiten und -höhen trägt dazu bei.

Das Panoramabild überzeugte vor allem durch die hohe Qualität von LogStackLidar. Die Videoaufnahme erleichtert die Erstellung und liefert einheitliche Ergebnisse. Timbeter und Forstify bieten zusätzlich die Anzeige des Durchmessers für jeden einzelnen Stamm. Allen Aufnahmen gemeinsam ist jedoch das so genannte Stitching, bei dem die Einzelbilder automatisch zusammengefügt werden. Dabei entstehen Schnittkanten, die durch Bewegung und Änderung des Aufnahmewinkels entstehen. Um dies zu verbessern, bieten einige Anwendungen Hilfslinien und Hinweise bei Anwendungsfehlern.

Bei der Nachbearbeitung von Poltern bieten die vier getesteten Tools jeweils unterschiedliche Vor- und Nachteile. Für die Praxis entscheidend ist vor allem die Möglichkeit, die Anzahl der Dokumente korrekt zu ergänzen, um eine genaue Mengenabrechnung zu gewährleisten. Fovea und LogStackLidar ermöglichen dies zuverlässig, wobei LogStackLidar aufgrund der LiDAR-Technologie keine zusätzliche Referenzmessung benötigt, was die Handhabung zusätzlich vereinfacht. Auch Forstify kommt ohne Referenzmaß aus, was ebenfalls zur Benutzerfreundlichkeit beiträgt. Insgesamt konnten Fovea, LogStackLidar und Forstify durch ihre Benutzerfreundlichkeit überzeugen. Timbeter hingegen fiel im Test negativ auf, da es wiederholt zu Abstürzen kam und die Messungen neu gestartet werden mussten.

Unabhängig vom Hersteller ist man mit der digitalen Vermessung eindeutig schneller, als mit dem manuellen Sektionsraummaß.

Vergleich der Fotos aller vier Apps. Zu erkennen sind die Artefakte der Schnittkanten sowie die unterschiedlichen Durchmesser bei Forstify & Timbeter. Im dritten Bild sieht man deutlich den Einfluss von einfallendem Licht während der Aufnahme.

Beim Datenexport zeigten alle getesteten Programme eine gute Performance. Unterschiede bestanden lediglich in der Vielfalt der angebotenen Datenformate, jedoch unterstützen alle Programme die gängigen Standardprotokolle und bieten API-Schnittstellen zur Integration in Warenwirtschaftssysteme. Für eine einfache und schnelle Weitergabe der Polterinformationen innerhalb der Lieferkette verwenden Timbeter, LogStackLidar und Forstify Links oder QR-Codes, die den Zugriff auf Polterdetails oder den Standort ermöglichen.

Die Webportale der Anbieter erweitern den Funktionsumfang der Vermessungs-Apps zum Teil erheblich. Bei Forstify ist es beispielsweise möglich, die erfassten Holzmengen direkt auf einer eigenen Holzvermarktungsplattform online zu stellen und Ausschreibungen zu erstellen. Fovea bietet den Vorteil, dass die erfassten Polter direkt über die Online-Plattform abgerechnet und Rechnungen erstellt werden können. Diese Funktionen ermöglichen es auch kleineren Waldbesitzern, ohne kostenintensives Warenwirtschaftssystem effizient zu arbeiten. Timbeter ermöglicht im Webportal die Nachbearbeitung der Stammnummer und die Steuerung der Logistik, während LogStackLidar die Zuordnung der Polter zu einem bestimmten Sägewerk erleichtert.

Die Preisgestaltung der Anbieter hängt stark von verschiedenen Faktoren ab, wie z.B. der Menge der gekauften Festmeter, der Anzahl der Benutzerlizenzen oder der Vertragslaufzeit. In einer von uns durchgeführten Umfrage haben wir die Hersteller gebeten, die Preise für drei Beispielbetriebe anzugeben:

Beispiel 1: Kleiner Waldbesitzer  mit 1500 fm/a Einschlag.

Beispiel 2: Betrieb mit  25.000 fm/a, 3 Nutzern, eine Bürolizenz.

Beispiel 3: FBG/WBV oder Holzvermarkter mit 15 Nutzern und 120.000 fm/a.

Für Kleinprivatwaldbesitzer bietet iFovea Pro ein Prepaid-Modell an, das mit 355 € pro Jahr in Beispiel 1 die geringsten Kosten verursacht. Bei größeren Mengen und mehr Nutzern kann Forstify vor allem in den Beispielen 2 und 3 durch seine Preisgestaltung überzeugen. Die jährlichen Kosten betragen hier maximal 2.999,99 €.

Fazit:


Insgesamt schneiden LogStackLidar und iFovea Pro hinsichtlich der Handhabung am besten ab. Beide Tools konzentrieren sich auf die wesentlichen Funktionen, sind übersichtlich und einfach zu bedienen, was sie auch für weniger geübte Anwender attraktiv macht. Insbesondere der LiDAR-Sensor von LogStackLidar beschleunigt den Vermessungsprozess zusätzlich. Timbeter hingegen erwies sich im Test als umständlich, da es mehrfach abstürzte und die Aufnahme wiederholt werden musste, obwohl ein leistungsfähiges Tablet verwendet wurde.

Die Preisgestaltung sollte nicht isoliert betrachtet werden. Ein auf den ersten Blick hoher absoluter Preis kann sich im Verhältnis zum verarbeiteten Holzvolumen als wirtschaftlich erweisen und möglicherweise günstiger sein als bei anderen Anbietern. Jedes Tool hat spezifische Vor- und Nachteile, daher ist es für Forstbetriebe wichtig, genau zu prüfen, welche Funktionen wirklich benötigt werden und welche nur „nice to have“ sind. Macht es zum Beispiel Sinn, für ein spektakuläres Feature einen höheren Preis zu bezahlen, wenn es im täglichen Betrieb kaum genutzt wird? Oder wäre es nicht sinnvoller, auf eine integrierte Fakturierung zu verzichten, wenn das Unternehmen bereits über ein Warenwirtschaftssystem verfügt?

Die Entscheidung für eine neue Software stellt oft eine Herausforderung dar. Bei der Vielzahl an Anbietern und Funktionen ist es verständlich, dass man sich schnell überfordert fühlt und ein strukturierter Vergleich schwierig wird. Wir von ForstID unterstützen Sie dabei, die passende Software zu finden und diese optimal an die Bedürfnisse Ihres Forstbetriebes anzupassen.


Sie suchen eine Lösung für die Holzvermessung oder Warenwirtschaft und sind sich nicht sicher, welche die richtige ist? Wir beraten Sie gerne! Weitere Informationen finden Sie unter forstid.de.

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